Besprechung in CONDITION

CONDITION


Endlich einmal jemand, der keine (Rat-)Schläge austeilt, sondern in hu-
morigem, lockerem Plauderton empfiehlt: Man merkt, der Mann ist mit
Spaß dabei. [...]

"Ui!" ist der erste populär geschriebene Ratgeber, der vor allem jenen
hilft, die nicht mehr ganz so jung sind, vielleicht schon ein bißchen an
Fülle zugelegt haben und längere Zeit nicht aktiv waren. [...]

In bekömmlichen Häppchen wird der Laufneuling an das Gesundheitsjog-
gen herangeführt.
Dieses Buch hilft also allen Frauen und Männern, die eigentlich gern lau-
fen würden, aber den Einstieg bisher nicht geschafft haben, und solchen,
die das Joggen schon ausprobiert, jedoch vorschnell wieder aufgehört
haben und nun glauben, sie seien für das Laufen nicht geeignet.

Der Autor, der selbst immer wieder über über die anfänglichen Fußangeln
beim Laufen gestolpert ist, "ein Jahr habe ich anfangs herumgewurstelt",
und heute schon mal einen Marathon bestreitet, versteht es glänzend, den
Leser von der ersten Seite an zu packen und ihm Appetit aufs Laufen zu
machen.

"Guten Tag, hier bin ich - mitten in Ihrer guten Stube; und so schnell
werden Sie mich nicht mehr los. Sechs Monate lang werden wir zusam-
men plaudern und hin und wieder gemeinsam laufen.

Weil viele, viele Menschen schon am Anfang scheitern und verzweifelt
aufgeben, stelle ich den Laufanfang in den Mittelpunkt. Schon bald wer-
den Sie gerne laufen, Sie werden oft laufen und Sie werden all das errei-
chen, was hunderttausend andere Läufer glücklich und zufrieden macht:
verbessertes Wohlbefinden, seelische Ausgeglichenheit und ein noch
stärkeres Selbstvertrauen.

... Wenn Sie aber all das nicht wollen, oder wenn Sie meinen: ‘Nein, so
ein Plagegeist kommt mir nicht ins Haus", dann stellen Sie mich einfach
zurück ins Regal.

Beim Lesen hat man stets das beruhigende Gefühl, daß man mit seinen Fragen
nicht alleine gelassen wird, sich in guten Händen befindet und sich beim Laufen
nicht übernehmen wird. Der lauferfahrene Autor steht quasi immer zur Seite,
lobt, hilft weiter und motiviert von Kapitel zu Kapitel:

"Zunächst werde ich Sie in kleinen Schritten an die 30 Minuten heranfüh-
ren. Auch wenn's mit Ihrer enthusiastischen Haltung leicht fällt, ein wenig
Schweiß muß freilich investiert werden. Dafür werden Sie aber reichlich
beschenkt werden, denn die erste gelaufene halbe Stunde hat es in sich:
Auf der Uhr sind es nur dreißig Minuten, aber in Ihrem Leben wird
es eine funkelnde Stunde sein - Ihre Sternstunde;

Sie können dann bereits vier bis fünf Kilometer an einem Stück laufen,
und so langsam kommen Sie aus Ihren Kinderschuhen heraus. Und nur
ein paar Wochen später werden Sie diese Stunde schon locker und leicht
laufen. Warum das alles mit Sicherheit so kommen wird, ist einfach erklärt:
Ihr Organismus lernt in diesen Wochen die Laufbelastung von 30 Minuten
kennen und gewöhnt sich daran. Die Anpassung Ihres Herz-Kreislaufsystems
an diese Belastungshäppchen ist es also, die Ihnen das Laufen bald so leicht
machen wird."

Überraschend einfach wird aufgezeigt, wie sich beim Laufen die für viele Menschen
ungeliebten Fettdepots an Bauch und Po anzapfen lassen:

"Gespeicherte Energie ist beispielsweise die Wasserenergie in einem Stausee.
Öffnen sich die Schleusentore, dann wird die gespeicherte Energie in arbei-
tende Energie umgewandelt. Jetzt aber zu einem viel reizvolleren Thema,
auf das Sie schon neugierig warten. Außerdem ist viel spannender, über
Fettzellen zu lesen als über langweilige Stauseen. Gespeicherte Energie in
chemischer Form steckt auch in den Fettspeichern unserer Gewebezellen,
die bei vielen Frauen und Männern zu prall sind und als ungeliebte Fett-
polster sichtbar werden." Und ein wenig weiter. "Die Belastung ‘flottes
Gehen kennt also Ihr Organismus - unbekannt ist ihm hingegen noch die
höhere Belastung ‘langsamens Laufen'.

Erst wenn sich Ihr Organismus an diese Belastung angepaßt hat, sobald
Ihnen also das Joggen so leicht fällt wie derzeit flottes Gehen, werden Sie
mehr und mehr die Fähigkeit gewinnen, Fett zu verbrennen - und dann,
endlich, werden auch die Fettdepots angezapft.

Die Energiegewinnung durch Fettsäureverbrennung ist also nicht selbstver-
ständlich, das ist auch wieder eine Anpassung, die nicht hoppla-hopp schon
bei den ersten Lauftagen genutzt werden kann. "

Ein umfangreicher Teil ist auch den Ernährungsfragen gewidmet, der weit über
die gewohnten sachlichen Empfehlungen hinausgeht. Überhaupt kommt kein
gesundheitlicher Aspekt, der mit dem Laufen verbunden ist, zu kurz:

"Die Folge des oft plötzlich und unverhofft kommenden Verschlusses durch
diese Kalkablagerungen, der Herzinfarkt, ist allen bekannt. Nahezu unbekannt
ist vielen Menschen, wie der Kalk dorthin kommt und was am Anfang - ganz
am Anfang - diese Krankheit auslöst. Es wird höchste Zeit, daß Licht in diese
Dunkelheit kommt - ich kann Ihnen versprechen, daß es jetzt spannend wird,
denn alles beginnt mit einem Überfall: Durch die Nahrung aufgenommene
Fette, die vom Magen hinüber in die Leber müssen, um dort verstoffwechselt
werden zu können, brauchen ein Transportmittel. Das wäßrige Blut allein
genügt nicht, da sich Fett in Wasser nicht löst; die Fettpartikel würden sich
in der Blutbahn ablagern. Weil es also zu Fuß nicht geht, stehen Lieferwagen
im Blut bereit, und je mehr Fett gegessen wurde, desto größer muß dieser
Fuhrpark sein. So ein Transporter besteht aus winzigen Eiweißmoleküle, die
die Fette huckepack nehmen und zu den Bestimmungsorten bringen. Die
Beförderung dorthin ist jedoch gefährlich, denn wilde Banden freier Radikale
warten darauf, diese Kügelchen mit der für sie kostbaren Fettladung zu
überfallen." [...]

Vergessen wurde natürlich nicht, welche herausragende Rolle das Laufen bei der
Verminderung dieses Risikos spielt:

"Mit einem Mittel kann man indes all dem vorbeugen: mit regelmäßigem Lau-
fen. Bei Ausdauertraining fließt das Blut nicht zäh, sondern flüssig durch unse-
re Gefäße. Und wenn das Blut unbeschwert fließen kann, dann muß sich auch
das Herz nicht plagen und verbraucht dadurch weniger Sauerstoff. Nebenbei
kümmert sich das Vitamin E darum, daß die Blutplättchen nicht klebrig werden.

So ist Joggen und Vitamin E nicht nur der sicherste, sondern sogar der
natürlichste und einfachste Weg, sich vor der häufigsten Todesursache,
der Arteriosklerose mit anschließendem Infarkt, zu schützen. [...]

Wer sich anfang gefragt hat, was man auf 263 Seiten übers Laufen schreiben kann,
wird überrascht feststellen, daß er im Kapitel 10 bereits auf Seite 180 ist, und -
gottlob - noch weitere 80 Seiten hilfreichen Lesespaß haben wird. Im Vorwort gibt
der Autor ein Versprechen ab, das er vom Anfang bis zum Ende einlöst:

"Mein Bestreben beim Schreiben war es, wissenschaftliche Ausdrücke ver-
ständlich zu machen, weil Sie nichts davon haben, wenn ein Ratgeber nur so
vor Fremdwörtern strotzt, wie es leider in vielen anderen Büchern der Fall ist,
wenn über sportmedizinische Themen gesprochen wird. Mein selbstgesteck-
tes Ziel war es, Fachchinesisch in glasklares und lebendiges Deutsch zu über-
setzen - ich möchte nämlich nicht, daß Sie über diesem Buch einschlafen."
[...]

Diese Buch ist mehr als ein Laufratgeber - es ist ein liebevoller Verführer zu gesün-
derem Leben. Jedem, der sich aus den Fängen der klebrigen Passivität befreien und
seine Fitneß aufpäppeln will, sei dieses frische und schwungvolle, stets unterhaltende
Buch ans Herz gelegt.





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